Zum vierten und damit letzten Mal vor den Wahlen hatte der Personalrat (PR) der Leibniz Universität Hannover (LUH) die Beschäftigten zur alljährlichen Personalversammlung am 17. März 2016 in den Kali-Chemie-Hörsaal eingeladen, der pünktlich zum Beginn der Veranstaltung bestens ausgelastet war. Am Ende dieser Veranstaltung sollte aus den Reihen der BesucherInnen vielerorts zu hören sein, dass diese Personalversammlung eine der unterhaltsamsten der vergangenen Jahre gewesen sei.
Der Personalratsvorsitzende Jörg Schollbach stellte nach der Begrüßung zunächst den Tätigkeitsbericht des Personalrats für das Jahr 2015 zur Diskussion. Ein Beschäftigter bemängelte darin einen teilweise unangemessenen Ton gegenüber den Leibniz Universität Hannover IT-Services (LUIS) und die seiner Meinung nach teilweise sachlich falsche Darstellung einiger Sachverhalte.
Unabhängig vom Tätigkeitsbericht wurde angemahnt, dass der Chief Information Officer (CIO) und Datenschutzbeauftragte der LUH Prof. Dr. Nikolaus Forgó u.a. wegen bestehender Interessenkonflikte aus juristischer Sicht nicht Mitglied des Präsidiums sein dürfe. Der anwesende Prof. Forgó entgegnete diesem Vorwurf mit der Feststellung, dass dieser Sachverhalt im Vorfeld selbstverständlich juristisch geprüft wurde und ein Interessenkonflikt nur bestünde, wenn der CIO die Leitungsfunktion einer IT-Organisationseinheit innehätte oder wenn er Zugang zu personenbezogenen Daten hätte – was beides nicht der Fall sei. Auf diesen Punkt sollte Prof. Forgó im Verlauf der Veranstaltung später noch einmal zurückkommen. Auch das gleichzeitige Amt als CIO und als Datenschutzbeauftragter der LUH sei kein Problem, da – im Gegenteil – die CIO-Strategie auch stets den Datenschutz mitdenken müsse. Und da CIO- und Datenschutzbüro getrennt agieren, sei dieses Konstrukt juristisch einwandfrei.
Jörg Schollbach erinnerte in diesem Zusammenhang an den Zustand vor der Berufung des jetzigen CIOs und Datenschutzbeauftragten, als das Amt des CIOs jahrelang vom jeweiligen Vizepräsidenten für Verwaltung und Finanzen wahrgenommen wurde und dadurch ein deutlicher Interessenkonflikt bestand.
Mit einem Jahr Verspätung konnte Prof. Dr. Volker Epping im „zweiten Versuch“ den Beschäftigten den „Bericht des Präsidiums“ präsentieren – 2015 hatte der Präsident krankheitsbedingt nicht an der Personalversammlung teilnehmen können. Prof. Epping verwies zu Beginn auf seinen seit Amtsantritt offiziellen Status als „Mitarbeiter in Technik und Verwaltung“ (MTV), betonte die gute Zusammenarbeit mit dem Personalrat, verwies auf die – auch durch den Personalrat konstatierten – Fortschritte in der Befristungsproblematik. Den Beschäftigten, die den mittäglichen Weg zur Hauptmensa durch den Welfengarten nehmen, machte Herr Prof. Epping Hoffnung: Mit sichtbarem Verweis auf den Artikel im PR-Info 17/2016 über Schuhüberzüge mit LUH-Logo zur Bewältigung der matschigen Wege zur Mensa kündigte der Präsident nun endlich (!) eine Wegelösung an. Im Sommersemester dieses Jahres sollen die Arbeiten an den neuen, besseren Wegen beginnen!
Weiter berichtete Prof. Epping über die Schwerpunkte seiner Präsidentschaftsarbeit im Jahr 2015: Die Schaffung der „Leibniz School of Education“ (ehem. ZfL), die Systemakkreditierung und – nachdem die Niedersächsisch-Technische Hochschule abgeschafft wurde – die Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig. Dort gebe es drei gemeinsame Forschungslinien, für die das Land insgesamt 27 Mio. Euro zur Verfügung stellt. Besondere Herausforderung sei hier die gemeinsame Entwicklungsplanung mit drei Senaten. Aus diesen drei Forschungslinien sind bereits Spitzenforschungsanträge hervorgegangen, zwei Masterplananträge waren bereits erfolgreich.
Entsprechend seines Amtes als Hauptberuflicher Vizepräsident für Verwaltung und Finanzen war der anschließende Vortrag von Herrn Dr. Christoph Strutz geprägt von finanziellen Aspekten der LUH. Zu Beginn seines Vortrags war es Herrn Dr. Strutz jedoch wichtig zu erwähnen, dass das Präsidium gerne an der Personalversammlung teilnimmt, um angesichts der sehr dezentral und größtenteils eigenständig agierenden Organisationseinheiten der LUH den Beschäftigten verständlich zu machen, „was die da oben machen und entscheiden“.
Seinen Ausführungen zufolge setzt sich das ca. 450 Mio. Euro umfassende Jahresbudget der LUH zusammen aus ca. 200 Mio. Euro festen Geldern, ca. 100 Mio. Euro Drittmitteln und ca. 100 Mio. Euro befristeten Sondermitteln. Letztgenannte gliedern sich grob in ca. 50 Mio. Euro Hochschulpaktmittel (bis 2020), ca. 25 Mio. Euro für Baumaßnahmen und ca. 25 Mio. Euro für Mieten.
Die Anwendung der sog. Leistungsformel führt seit geraumer Zeit zu einem Mittelverlust von ca. 1 Mio. Euro pro Jahr, die dauerhaft von den festen 200 Mio. Euro abgehen (wir erinnern uns an die kleiner werdende Sahnetorte aus der Personalversammlung 2015)! Andere niedersächsische Universitäten fordern vehement eine Umverteilung dieser verloren gegangenen Mittel. Um dieser Negativentwicklung entgegenzuwirken, hat sich das Präsidium eine mindestens 80%ige Auslastung der Studiengänge zum Ziel gesetzt. Kurzfristige finanzielle Verbesserungen sind nicht möglich, da die Formelverluste über vier Jahre festgeschrieben sind. Die Verluste durch die Zielvereinbarungen müssen möglichst niedrig gehalten werden! Grundsätzlich sei aber eine positive Entwicklung sichtbar: Die LUH verzeichnet eine steigende Zahl an Studierenden und große Forschungsanträge sind erfolgreich verlaufen. Beides bringt der LUH mehr befristete finanzielle Mittel.
Im Anschluss an die Redebeiträge gab es eine Frage aus dem Auditorium: Wie steht das Präsidium zu der Entscheidung, dass der HLRN4, ein im LUIS beheimateter „Supercomputer“ im Norddeutschen Verbund für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (HLRN), zukünftig nicht mehr an der LUH, sondern an der Göttinger Georg-August-Universität betrieben werden soll? In seiner Antwort betonte Herr Dr. Strutz, dass diese Entscheidung seitens der Landesregierung an der Hochschulleitung vorbei gefällt wurde. Es handele sich um eine politische Entscheidung, die sehr bitter für die LUH sei. Offensichtlich solle der Standort Göttingen und nicht Hannover gefördert werden, aber man müsse sich an der LUH auch selbst hinterfragen.
Als letzter Redner stellte sich der neue ver.di-Sekretär Frank Ahrens als Nachfolger von Brigitte Rode vor. Er informierte zunächst über Änderungen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), im Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG) und im Niedersächsischen Personalvertretungsgesetz (NPersVG) und gab einen Ausblick auf die kommende Tarifrunde 2017. In der letzten Tarifrunde konnte der Systemwechsel in der VBL (Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder)-Altersvorsorge von den Arbeitnehmern/innen verhindert werden. Es ist davon auszugehen, dass die betriebliche Altersvorsorge von den Arbeitgebern 2017 immer mehr in den Fokus gerückt wird. Daher gilt auch für 2017: Kein Eingriff in das Leistungsrecht! Der auch aus Sicht vieler Nicht-ver.dianer engagierte und sympathische Auftritt des neuen ver.di-Sekretärs endete mit einem Aufruf an alle Beschäftigten der LUH: Mitdiskutieren über das, was in der nächsten Tarifrunde wichtig ist! Dazu gehört auch die seit 2012 in Kraft getretene Entgeltordnung, bei der es viele Veränderungsmöglichkeiten gibt.
In das Leitthema der diesjährigen Personalversammlung „Betrieblicher Datenschutz – Digitales Arbeiten“ führte Personalrätin Elvira Grube mit einem Kurzvortrag ein. Für den Personalrat ergibt sich der gesetzliche Auftrag zur Regelung und Überwachung etc. von Daten- und Kommunikationssystemen durch § 67 des NPersVG: Mitbestimmung bei organisatorischen Maßnahmen. Der rasant fortschreitende Wandel der Arbeitsbedingungen durch immer neue IT-Verfahren (z.B. Zeiterfassungssysteme, Videoanlagen, SAP-Personalverwaltung, Gruppen-Kalendersoftware) und die dadurch vermeintlich gewonnene Arbeitserleichterung führt im Hintergrund häufig zu Arbeitsverdichtungen, deren Auswirkungen zu hinterfragen sind.
Ziel der Personalräte ist die Einführung eindeutig geregelter zentraler IT-Systeme, um den „Software-Wildwuchs“ in den dezentralen Einrichtungen der LUH einzudämmen. Hierbei geht es nicht darum, Panik zu verbreiten oder die Einführung von Software zu verhindern, sondern um deren Missbrauch zu Lasten der Beschäftigten. Während die Datenspeicherung separater IT-Systeme meist sinnvoll ist, ist die Vernetzung von IT-Verfahren oftmals als kritisch anzusehen – insbesondere bei der Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten. In diesen Fällen stellt der Personalrat gemäß dem Gebot der Datensparsamkeit stets die Frage nach der Erforderlichkeit der Daten und versucht die kritischen Aspekte zu identifizieren. Letztlich müssen aus Sicht des PR eine transparente Abwägung von dienstlichem Interesse mit den Schutzinteressen der Beschäftigten erfolgen und die Persönlichkeitsrechte sowie die informelle Selbstbestimmung beachtet werden!
Nunmehr bestens in das Thema eingeführt, galt die gespannte Aufmerksamkeit der ZuhörerInnen anschließend den Ausführungen des zu diesem Thema eingeladenen Datenschutzbeauftragten der LUH Herrn Prof. Dr. Nikolaus Forgó. Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person kam Prof. Forgó zunächst noch einmal zurück auf den zu Anfang der Personalversammlung diskutierten möglichen Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion als CIO / Datenschutzbeauftragter und als Mitglied des Präsidiums. Dieser Sachverhalt ist in § 8a Niedersächsisches Datenschutzgesetz eindeutig geregelt: Der Datenschutzbeauftragte soll nicht aus der Behördenleitung selbst, aus der Leitung der Informations- und Kommunikationstechnik bzw. deren Stellvertretung, aus Personal- und Schwerbehindertenvertretungen, aus dem Kreis der Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten oder aus Organisationseinheiten mit intensiver Verarbeitung personenbezogener Daten kommen. Keiner der genannten Gruppen gehöre Prof. Forgó an. „Ätsch!“
Zu Beginn seines Vortrags zum eigentlichen Thema „Datenschutz“ verwies Prof. Forgó auf die Tatsache, dass Datenschutz ein Grundrecht ist, und lieferte dann unter dem Motto „Datenschutz in 20 Sekunden“ alles, was man über Datenschutz wissen muss: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist verboten!“ Davon gebe es nur zwei Ausnahmen: Die Existenz einer Rechtsgrundlage oder die informierte Einwilligung. Die EU-Grundrechtecharta regelt in Artikel 8 den Schutz personenbezogener Daten, deren Einhaltung in jedem Betrieb, jeder Universität etc. von einer unabhängigen Stelle überwacht werden muss. Grundlegende Begriffe bei dieser Überwachung sind z.B. Zweckbindung, Erforderlichkeit oder Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Als Datenschutzbeauftragter der LUH, so Prof. Forgó, sei er unabhängig und weisungsfrei, agiere vertraulich und kooperiere bestens mit dem Personalrat und dem Justiziariat. Als Beispiele für seine derzeit aktuellen Themen nannte er die Videoüberwachung, das Campusmanagementprojekt SAP-StudentLifeCycleManagement (SLcM), die Einführung von Softwarelösungen und „BringYour-OwnDevice“.
Zum Abschluss seines abwechslungsreichen und unterhaltsamen Vortrags forderte Prof. Forgó alle Beschäftigten auf, bei datenschutzrelevanten Themen frühzeitig mit ihm in Kontakt zu treten!
Anschließend wurde die Fragerunde aus der Zuhörerschaft eröffnet:
Gibt es an der LUH Regelungen zur Kopplung privater Smartphones mit dienstlichen PCs?
Antwort (Forgó): Derzeit sollten derartige Geräte nicht mit dienstlichen PCs etc. verbunden werden; eine Regelung hierzu ist in Arbeit.
Wie steht der Datenschutzbeauftragte zur Nutzung großer Suchmaschinen?
Antwort (Forgó): Da es zu Problemen hinsichtlich der Sammlung von Daten (Profilbildung) bei der Verwendung großer Anbieter kommt, sind Alternativen zu empfehlen.
Wie steht der Datenschutzbeauftragte zur Nutzung von Facebook in den Universitätseinrichtungen?
Antwort (Forgó): Daten natürlicher Personen sind datenschutzrechtlich relevant. Es kommt darauf an, wer die Daten verarbeitet und wie diese zueinander stehen. Empfehlung: Keine personenbezogenen Daten in Facebook ablegen! Es gebe zwar keine zwingend verbindliche Norm, dennoch wäre eine Anleitung seitens der LUH sinnvoll.
Wie steht der Datenschutzbeauftragte zum Einsatz verschlüsselter Kommunikation?
Antwort (Forgó): Diese wird für wichtig gehalten und dementsprechend gefördert.
Der letzte Tagesordnungspunkt Verschiedenes startete mit einem alten Thema. Es wurde die Frage nach dem Einsatz privater Heizgeräte in der kalten Jahreszeit gestellt, die angesichts energetisch ungünstiger Gebäudehüllen notgedrungen immer wieder zum Einsatz kämen.
Antwort (Bauer, Leiter Dez. 3): Grundsätzlich sei in diesen Fällen das Störungstelefon 4440 anzurufen. Es wurde dem zuständigen Dezernat 3 aus den Reihen der Zuhörerschaft aber bescheinigt, in den vergangenen Jahren sehr flexibel mit dem Einsatz der Heizung umgegangen zu sein.
Der Personalratsvorsitzende Jörg Schollbach gab den Hinweis, sich bei diesbezüglichen Problemen auch gerne an den Personalrat zu wenden.
Ein Beschäftigter erkundigte sich nach dem Zeitpunkt der Vorlage einer Krankmeldung. In seiner Einrichtung gebe es die Regelung, dass man bei Erkrankung an einem Freitag oder Montag sofort eine schriftliche Krankmeldung benötige.
Antwort (Tappe, Leiter des SG 22): Dies ist rechtlich nicht der Fall. Eine schriftliche Krankmeldung muss erst nach drei Kalendertagen (auch Samstag und Sonntag sind Kalendertage!) vorgelegt werden.
Als letztes wurde die Frage nach einer möglichen Aufstockung der LUH-Krippen- und Kitaplätze gestellt. Die im Wesentlichen für Studierende eingerichteten Krippen- und Kitaplätze seien zwar auch für Beschäftigte gedacht, für diese aber viel zu teuer.
Antwort der Dienststelle: Laut der (nicht anwesenden) Gleichstellungsbeauftragten der LUH Frau Gotzmann sei die Anzahl der Plätze ausreichend.
Zum krönenden Abschluss der gelungenen Personalversammlung wartete ein dreiköpfiges Team aus dem Zentrum für Hochschulsport mit einer Kostprobe des ab Sommer 2016 buchbaren gesundheitsfördernden „Leibniz-Expresses“ auf. Unter Anleitung kamen alle Anwesenden in den hörbar spaßmachenden Genuss einer fünfminütigen aktiven Bewegungspause!
Herzlichen Dank dafür und bis zum nächsten Jahr,
Ihr Personalrat der LUH