InfoCafé zu befristeten Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft

15. November 2018

Ein Personalratsmitglied steht an einem Rednerpult und hält einen Vortrag. Im Hintergrund ist eine Präsentation zur Vertragsbefristung im wissenschaftlichen Bereich zu sehen. Ein Personalratsmitglied steht an einem Rednerpult und hält einen Vortrag. Im Hintergrund ist eine Präsentation zur Vertragsbefristung im wissenschaftlichen Bereich zu sehen. Ein Personalratsmitglied steht an einem Rednerpult und hält einen Vortrag. Im Hintergrund ist eine Präsentation zur Vertragsbefristung im wissenschaftlichen Bereich zu sehen. © Personalrat

Am 15. November 2018 veranstaltete die Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften Hannover-Hildesheim zusammen mit dem Personalrat ein InfoCafé zu befristeten Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft. Marc André Brinkforth-Peiser, Mitglied des Personalrats, hielt einen Vortrag über Rechtsgrundlagen von Befristungen und Stolperfallen. Während des Vortrags konnten die Kolleg*innen Fragen stellen. So entwickelten sich lebhafte Diskussionen, innerhalb derer zahlreiche Fragen rund um die befristeten Beschäftigungsverhältnisse beantwortet werden konnten. Neben der Diskussion in der Gruppe konnten die Kolleg*innen während des InfoCafés Mitglieder des Personalrats ansprechen und in Einzelgesprächen persönliche Fragen klären. Die Präsentation des Personalratsvortrags haben wir auf der Homepage des Personalrats zum Download bereitgestellt. An dieser Stelle wollen wir einige der häufigsten Fragen zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) beantworten.

Wer fällt eigentlich alles unter die Regelungen des WissZeitVG?

Generell fallen wissenschaftliche Beschäftigte unter das Gesetz. So können wissenschaftliche Mitarbeiter*innen nach den Bestimmungen des WissZeitVG befristet an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen beschäftigt werden. Dies gilt auch für wissenschaftliche Hilfskräfte. Gesonderte Regelungen enthält das WissZeitVG für studentische Hilfskräfte.
Das WissZeitVG gilt eingeschränkt für Lehrkräfte für besondere Aufgaben (LfbAs), wenn diese die Möglichkeit der eigenständigen Forschung haben. Gemäß Rechtsprechung gelten nämlich nur die Beschäftigten als wissenschaftliches Personal, die auch eigenständig forschen können. LfbAs dagegen sind nur in der Lehre tätig, es sei denn, ihnen wurde per Arbeitsvertrag ausdrücklich ein Arbeitszeitanteil für die eigene Forschung zugeteilt.
Das wissenschaftsunterstützende Personal, also die Mitarbeiter*innen in Technik und Verwaltung, fallen grundsätzlich nicht unter die Bestimmungen des WissZeitVGs.


Marc André Brinkforth-Peiser vom Personalrat und Dr. Karolina Kempa von der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften. Marc André Brinkforth-Peiser vom Personalrat und Dr. Karolina Kempa von der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften. Marc André Brinkforth-Peiser vom Personalrat und Dr. Karolina Kempa von der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften. © Personalrat
Marc André Brinkforth-Peiser vom Personalrat und Dr. Karolina Kempa von der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften begrüßen die Wissenschaftlichen Beschäftigten.

Wie lange kann ich als Wissenschaftler*in nach dem WissZeitVG zum Zwecke meiner Qualifizierung befristet an der LUH beschäftigt sein?

Die LUH kann gemäß § 2 (1) WissZeitVG Wissenschaftler*innen bis zu sechs Jahre vor der Promotion und weitere sechs Jahre nach der Promotion befristet beschäftigen. Diese 6 + 6 Jahre sind der sogenannte Höchstbefristungsrahmen der Qualifikationsbefristung. Voraussetzung für die Qualifikationsbefristung ist, dass die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Der Begriff der Qualifizierung ist jedoch nicht weiter definiert (unbestimmter Rechtsbegriff). Die Qualifizierung muss keine formale Qualifikation wie die Promotion oder Habilitation sein.
Der Höchstbefristungsrahmen kann sich z. B. wegen Kindererziehung erhöhen (s. u.).

Welche Tätigkeiten werden auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet?

Angerechnet werden gemäß § 2 (3) WissZeitVG:

  • alle befristeten Arbeitsverhältnisse an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen
  • entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit
  • Privatdienstverträge
  • auch Verträge als wissenschaftliche Hilfskraft!
  • auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden (z. B. NHG, TzBfG)

Unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, Beschäftigungsverhältnisse außerhalb von Deutschland sowie Verträge als studentische Hilfskraft werden nicht auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet.

Werden auch Tätigkeiten als Hilfskraft auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet?

Studienbegleitende Tätigkeiten  als studentische Hilfskraft sind in einem eigenen Paragraphen geregelt (§ 6 WissZeitVG). Alle studienbegleitenden Tätigkeiten an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung fallen unter § 6, solange das Studium auf einen berufsqualifizierenden Abschluss vorbereitet (z. B. Bachelor oder ein auf den vorher absolvierten Bachelor aufbauender Master). Diese studienbegleitenden Tätigkeiten werden nicht auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet.
Wenn Sie allerdings z. B. nach dem Bachelorabschluss einen weiteren Bachelorstudiengang studieren, fallen Sie nicht unter die Regelungen des § 6. Sie sind dann nicht studentische, sondern wissenschaftliche Hilfskraft. Gleiches gilt beim Studium eines Zertifikats- oder Weiterbildungsstudienganges oder wenn Sie schon einen Masterabschluss haben. Die Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft wird auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet.

Werden auch Tätigkeiten mit weniger als 25 % Arbeitszeit auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet?

Verträge mit einem Arbeitszeitumfang von weniger als 25 % der regelmäßigen Arbeitszeit sind laut WissZeitVG nicht auf den Höchstbefristungsrahmen anzurechnen. Hier wurde aber mittlerweile gerichtlich festgestellt, dass diese Bestimmung des WissZeitVG gegen das europarechtliche Verbot von Kettenbefristungen verstößt. Daher werden auch Verträge mit weniger als 25 % Arbeitszeit auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet.


Ein Mitglied des Personalrats hält einen Vortrag vor einigen Zuhörer*innen. Ein Mitglied des Personalrats hält einen Vortrag vor einigen Zuhörer*innen. Ein Mitglied des Personalrats hält einen Vortrag vor einigen Zuhörer*innen. © Personalrat
Personalratsmitglied Marc André Brinkforth-Peiser stellt die verschiedenen Möglichkeiten der Befristung von Arbeitsverträgen in der Wissenschaft vor.

Wenn ich weniger als sechs Jahre für meine Promotion benötige, kann ich dann nach der Promotion länger als sechs Jahre befristet an der LUH beschäftigt sein?

Der Höchstbefristungsrahmen nach der Promotion verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer nach WissZeitVG befristeten Beschäftigung vor der Promotion und Promotionszeiten ohne befristete Beschäftigung nach WissZeitVG zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Wenn Sie also für Ihre Promotion z. B. vier Jahre gebraucht haben, können Sie nach der Promotion insgesamt acht Jahre (6+2) befristet beschäftigt werden. Das Problem besteht hier nur darin, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann mit der Promotion begonnen wurde. Und auch hier besteht kein Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung.

Erhöht sich der Höchstbefristungsrahmen aufgrund meiner chronischen Krankheit? Oder weil ich Kinder erziehe?

Der Höchstbefristungsrahmen verlängert sich um jeweils zwei Jahre pro zu betreuendem Kind; das gilt auch für die Betreuung von Pflegekindern und Stiefkindern sowie von Kindern, die mit dem Ziel der Adoption in den Haushalt aufgenommen wurden. Er erhöht sich ebenfalls um zwei Jahre beim Vorliegen einer eigenen Behinderung oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung. Damit erhöht sich aber nur der Rahmen, in dem Sie befristet an der LUH (oder einer anderen deutschen Hochschule bzw. Forschungseinrichtung) tätig sein können. Es besteht auch hier kein Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung.

Wird mein Vertrag wegen Krankheit oder Elternzeit automatisch verlängert? Wird die Verlängerung auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet?

Im Falle der Qualifikationsbefristung nach § 2 (1) verlängert sich gemäß § 2 (5) WissZeitVG die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages im Einverständnis mit der/dem Beschäftigten u. a. um Zeiten einer

  • Beurlaubung oder Ermäßigung der Arbeitszeit (mindestens um 1/5) für die Betreuung oder Pflege eines bzw. mehrerer Kinder sowie für die Betreuung oder Pflege pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger.
  • krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
  • Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit.
  • Freistellung (mindestens Umfang von 1/5) zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung.

Diese Verlängerungszeiten für Qualifikationsbefristungen werden nicht auf den Höchstbefristungsrahmen angerechnet. Eigentlich sieht das WissZeitVG eine automatische Vertragsverlängerung im Einverständnis mit den Beschäftigten vor. An der LUH gibt es aber eine Vertragsverlängerung nur auf Antrag! Hier besteht jedoch ein Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung.
Der Anspruch auf Vertragsverlängerung besteht dagegen nicht bei Projektbefristungen gemäß § 2 (2) WissZeitVG!


Auf einem Tisch liegen Unterlagen zu einem Vortrag des Personalrats. Davor sitzt eine Person mit einem Stift in der Hand. Auf einem Tisch liegen Unterlagen zu einem Vortrag des Personalrats. Davor sitzt eine Person mit einem Stift in der Hand. Auf einem Tisch liegen Unterlagen zu einem Vortrag des Personalrats. Davor sitzt eine Person mit einem Stift in der Hand. © Personalrat
Die Zuhörer*innen machen sich Notizen.

Habe ich ein Recht auf eine Beschäftigungszeit von sechs Jahren bis zur Promotion?

Es gibt kein Recht auf einen Arbeitsvertrag. Und auch kein Anrecht auf Ausschöpfung des Höchstbefristungsrahmens. Die vereinbarte Befristungsdauer ist gemäß § 2 (1) S. 3 WissZeitVG zwar jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Aber selbst bei der Promotion ist durchaus strittig, was ein angemessener Zeitraum für ihre Erlangung ist. Die maximalen sechs Jahre sind es aber leider nicht.

Können Wissenschaftler*innen auch nach Ausschöpfung des Höchstbefristungsrahmens noch befristet an der LUH beschäftigt werden?

Die Befristung ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird (Projektbefristung, § 2 (2) WissZeitVG). Eine befristete Beschäftigung nach § 2 (2) WissZeitVG wird zwar auf den Höchstbefristungsrahmen nach § 2 (1) WissZeitVG angerechnet, sie ist aber auch dann möglich, wenn der Höchstbefristungsrahmen schon ausgeschöpft ist.

Kann ich nach dem Erreichen der Höchstbefristung an der LUH an einer anderen Hochschule in Deutschland zum Zwecke der Qualifizierung befristet beschäftigt werden?

Der Höchstbefristungsrahmen gilt für alle Hochschulen und staatlichen Forschungseinrichtungen in Deutschland. Wenn Sie die Höchstbefristung erreicht haben, können Sie an keiner Hochschule oder Forschungseinrichtung in Deutschland mehr zum Zwecke der Qualifikation befristet beschäftigt werden. Es gibt dann auf Grundlage des WissZeitVG nur noch die Möglichkeit der Projektbefristung (s. o.).


Ein Mitglied des Personalrats führt ein Beratungsgespräch mit einer Kollegin. Im Hintergrund ist eine Präsentation zu Vertragsbefristung im wissenschaftlichen Bereich zu sehen. Ein Mitglied des Personalrats führt ein Beratungsgespräch mit einer Kollegin. Im Hintergrund ist eine Präsentation zu Vertragsbefristung im wissenschaftlichen Bereich zu sehen. Ein Mitglied des Personalrats führt ein Beratungsgespräch mit einer Kollegin. Im Hintergrund ist eine Präsentation zu Vertragsbefristung im wissenschaftlichen Bereich zu sehen. © Personalrat
Nach dem Vortrag konnten die Teilnehmenden sich in Einzelgesprächen vom Personalrat beraten lassen.